Manche Arbeitnehmer/innen bekommen nach einer Kündigung eine hohe Abfindung – andere gehen mit leeren Händen aus: worauf es ankommt, wann Sie mit einer Abfindung rechnen können und wann nicht.
Von Rechtsanwalt Nikolai Rupay Dahm
Habe ich einen gesetzlichen Anspruch auf Abfindung bei Kündigung?
Nein. Der Normalfall einer Abfindung ist gesetzlich nicht geregelt. Ein Anspruch auf Abfindung gibt es nur in Spezialfällen, die in der Praxis selten vorkommen. In vermutlich 99% der Fälle, in denen eine Abfindung vereinbart wird, geschieht dies aufgrund eines ausgehandelten Deals – häufig im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs. Dabei kommt es auf viele unterschiedliche Argumente, rechtliche Aspekte und Druckmittel an, um die bestmögliche Abfindung auszuhandeln. Gesetzlich geregelt ist das hingegen nicht.
Kann ich bei jeder Kündigung auf eine Abfindung hoffen?
Nein. Der Arbeitgeber stimmt einem Vergleich über eine Abfindung nur zu, wenn er selbst etwas davon hat. Das ist nur unter bestimmten Voraussetzungen der Fall (siehe Checkliste unten).
Wann habe ich keine Aussicht auf eine Abfindung?
Keine Aussicht haben Sie, wenn sie selbst kündigen oder wenn der Arbeitgeber klar berechtigt war, Ihnen zu kündigen.
Beispiel: Sie wurden beobachtet, wie Sie eine Packung Druckerpapier mit nachhause genommen haben. Sie haben Urlaub beantragt und sich dann, nachdem er abgelehnt wurde, für den Zeitraum des beantragten Urlaubs krank gemeldet. In solchen Fällen haben Sie kaum Aussicht auf eine Abfindung.
Will der Arbeitgeber Sie im Falle einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage lieber weiter beschäftigen, als Ihnen eine Abfindung zu zahlen, wird er sich auf einen Vergleich mit Abfindung nicht einlassen. Dann gewinnen Sie zwar den Gerichtsprozess. Das bedeutet aber, dass Ihr Arbeitsverhältnis einfach weiterläuft, wie bisher.
Wichtig: wenn Sie nicht innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung dagegen klagen, ist die Kündigung wirksam, auch wenn sie eigentlich unrechtmäßig war. Dann haben Sie auch keine Aussicht mehr auf eine Abfindung. Bei einer Kündigung innerhalb der Probezeit oder in Kleinbetrieben bis 10 Angestellten haben Sie keinen Kündigungsschutz. Der Arbeitgeber kann Ihnen ohne Begründung kündigen. Aussicht auf eine Abfindung gibt es daher praktisch keine.
Wann habe ich eine realistische Aussicht auf eine Abfindung?
Der Arbeitgeber wird einer Abfindung nur zustimmen, wenn er befürchtet, die Kündigungsschutzklage zu verlieren. Das ist der Fall, wenn es keinen ausreichenden Kündigungsgrund gibt. Um eine Abfindung aushandeln zu können, müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:
Checkliste Abfindung
- Der Betrieb hatte mehr als 10 Angestellte. Sonst haben Sie keinen Kündigungsschutz.
- Sie waren länger als 6 Monate angestellt als Ihnen gekündigt wurde. Sonst haben Sie wieder keinen Kündigungsschutz.
- Sie haben innerhalb von 3 Wochen nach Erhalt der Kündigung dagegen geklagt (Kündigungsschutzklage).
- Die Kündigung ist voraussichtlich unwirksam oder rechtlich zumindest problematisch. Es gibt keinen klaren Kündigungsgrund oder Sie haben besonderen Kündigungsschutz (Betriebsratsmitglied, Mutterschutz, anerkannte Schwerbehinderung, etc.).
- Der Arbeitgeber möchte Sie loswerden und befürchtet, dass Sie weiterarbeiten wollen.
- Sie können glaubhaft machen, dass Sie zur Not dort wieder arbeiten würden. Ist es dem Arbeitgeber klar, dass Sie in Wirklichkeit wegwollen, wird es schwierig, eine Abfindung auszuhandeln.
Wie bemisst sich die Höhe der Abfindung?
Auch hierzu gibt es keine Regelung. Als Ansatzpunkt wird zwar häufig die Formel aus § 1a Abs. 2 KSchG genommen, wonach eine Abfindung 0,5 Monatsverdienste pro Beschäftigungsjahr beträgt. Entscheidend ist jedoch, wie die Erfolgsaussichten im Gerichtsprozess stehen: befürchtet ein Arbeitgeber, den Prozess zu verlieren, ist er eher bereit, eine Abfindung zu zahlen. Ist die Kündigungsschutzklage aussichtslos, darf man sich auch keine falschen Hoffnungen auf eine Abfindung machen.
Fazit
Für das Aushandeln einer Abfindung kommt es auf erhebliche arbeitsrechtliche Expertise und Verhandlungsgeschick an. Es sind viele unterschiedliche Faktoren im Blick zu behalten, weil es an gesetzlichen Regelungen dazu fehlt. Als spezialisierte Arbeitsrechtskanzlei handeln wir für unsere Mandant*innen die bestmögliche Abfindung aus und informieren Sie realistisch über Ihre Chancen auf eine Abfindung.