Versprechen muss man halten – Gratifikationen im Arbeitsvertrag

BAG, Urteil vom 23.08.2017 – BAG Aktenzeichen 10 AZR 97/17
Von Fachanwalt für Arbeitsrecht Ivailo Ziegenhagen

Der Fall

Gestritten wurde über die Zahlung einer Gratifikation.
Im einem Nachtrag zum Arbeitsvertrag ist u.a. geregelt:

„… Zusätzlich zum Grundgehalt wird als freiwillige Leistung (auch mehrmalige Zahlungen begründen keinen Rechtsanspruch) eine Weihnachtsgratifikation gezahlt, deren Höhe jeweils jährlich durch die Arbeitgeberin bekanntgegeben wird und deren Höhe derzeit ein volles Monatsgehalt nicht übersteigt.“

Die Arbeitgeberin zahlte von 2000 bis einschließlich 2013 jedes Jahr eine Sonderzahlung in Höhe eines Bruttogehalts. Im Mai 2014 erhielt A ein halbes Bruttomonatsgehalt. In der Verdienstabrechnung war es als „Abschl. J-gratifikat.“ ausgewiesen. Wegen eines zu erwartenden negativen Jahresergebnisses entschied die Arbeitgeberin im September 2014, keine weitere Gratifikation an die Belegschaft zu zahlen. Im Oktober 2014 unterrichtete sie alle Arbeitnehmer schriftlich darüber, dass „aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Lage …[der Beklagten] die Zahlung des zweiten Teils der Jahresendgratifikation (gesamt ca. 320.000 Euro) mit der Novemberabrechnung 2014 nicht erfolgen“ könne.

A klagte auf Zahlung der anderen Hälfte mit der Begründung, dass durch die Jahrelange Zahlung eine betriebliche Übung entstanden sei.

Die Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht wies die Klage ab. Mit der Formulierung „Zusätzlich zum Grundgehalt wird … eine Weihnachtsgratifikation gezahlt“ begründet der Arbeitgeber typischerweise einen Entgeltanspruch des Arbeitnehmers. Die Bezeichnung der Gratifikation als „freiwillige Leistung“ schließt den Rechtsanspruch auf die Leistung ebenso wenig aus wie die Formulierung „derzeit“.

Die Höhe ist nicht bestimmt. Daher kann die Arbeitgeberin die Höhe der Weihnachtsgratifikation einseitig nach billigem Ermessen festsetzen § 315 BGB). Dieses Ermessen wurde ordnungsgemäß ausgeübt.

A hat auch keinen Anspruch aus betrieblicher Übung. Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Zwar hat die Arbeitgeberin mehrere Jahre ein Bruttomonatsgehalt als Gratifikation gezahlt. Grund dafür war jedoch der Arbeitsvertrag. A hätte erkennen müssen, dass die Arbeitgeberin die Leistungen aufgrund einer Rechtspflicht und nicht freiwillig leistet. Daher kann die Arbeitgeberin nicht davon ausgehen, ihr solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser Rechtspflicht gewährt werden.

WZ-ANWAELTE.DE TIPP

Die Entscheidung stärkt die Ermessensvergütung. Wichtig ist, dass die Arbeitgeberin mit Zahlung von Gratifikationen Rechtsansprüche erfüllen will und dass sie das eben nicht freiwillig leistet. Die Höhe der Gratifikation kann nach billigem Ermessen bestimmt werden. Das war hier kein Problem, weil eine Zahlung bestehende wirtschaftliche Probleme verstärkt hätte.

Teilt es hier: