Toilettenfrauen sind keine Trinkgeldbewacher

Berlin, 15. Februar 2013 – Gute Nachrichten für Toilettenputzkräfte. Das Sozialgericht Berlin hat in seinem Urteil vom 29. August 2012 entschieden, dass auch für Toilettenfrauen der Tarifvertrag des Gebäudereinigerhandwerks gilt.

Von Jan Bergmann

 

Sachverhalt Die Klägerin führt einen Betrieb, der die Betreuung von Toiletten zum Gegenstand hat. Dazu beschäftigte die Klägerin, überwiegend Rentnerinnen. Der Stundenlohn betrug 3,60 EUR bis 4,50 Euro. Nach einer Betriebsprüfung forderte die Deutsche Rentenversicherung 118.000,00 Euro von der Klägerin nach. Die Rentenversicherung vertrat die Ansicht, dass das Reinigungsunternehmen den tariflichen Mindestlohn in Höhe von ca. 8 Euro zahlen muss.

Gegen diese Nachforderung wandte sich die Klägerin an das Sozialgericht Berlin. Sie argumentierte, dass der Tarifvertrag des Gebäudereinigerhandwerks in ihrem Betrieb nicht anwendbar sei. Hauptaufgabe der Toilettenfrauen sei nämlich die Bewachung des Trinkgelds und nicht die Reinigung der Toiletten. Die Toilettenfrauen seien mit Geldautomaten zu vergleichen.

Das Urteil

Das Sozialgericht entschied nun zugunsten der Rentnerinnen. Ein Betrieb der sich gegen Zahlung von Trinkgeld verpflichtet die Toiletten zu reinigen, gelte als Reinigungsunternehmen. Deshalb seien auch Arbeitskräfte, die ihre Arbeitszeit überwiegend damit verbringen das Trinkgeld zu bewachen, Reinigungskräfte. So wie der Arzt, der im Nachtdienst lediglich in Bereitschaft ist, auch in der Bereitschaftszeit Arzt bleibt, bleibt die Reinigungskraft, die bis zur nächsten Beseitigung von Verunreinigungen oder Hygienebehandlung der WC-Einrichtung Reinigungskraft, wenn ihre Aufgabe die laufende Reinigung der Toilettenanlage ist.

Rechtliche Bewertung

Es gehört zu den Aufgaben der Rentenversicherung in Betrieben alle 4 Jahre zu prüfen, ob Sozialversicherungsbeiträge korrekt abgeführt wurden. Es stand also nicht zur Entscheidung, ob die Toilettenfrauen einen höheren Lohn nachfordern können. Ein derartiger Streit fällt in die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts und ist durchaus erfolgsversprechend.

Gericht:

Sozialgericht Berlin, Urteil vom 29.08.2012 – S 73 KR 1505/10

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