Kaum bekannt: Anspruch auf Lohnersatz bei geschlossener Schule/Kita

Corona / Entschädigung nach § 56 IfSG: Was wenige wissen, ist, dass Eltern, die wegen der Kinderbetreuung nicht (voll) arbeiten können, Anspruch auf eine Art „Kurzarbeitergeld“ haben. Damit wird ihr Verdienstausfall zu einem Großteil kompensiert – auch wenn der Arbeitgeber kein Kurzarbeitergeld beantragt hat.
Von Fachanwalt für Arbeitsrecht Rupay Dahm, Berlin

Die Kitas sind größtenteils geschlossen, die Kinder zuhause. Während viele Arbeitnehmer*innen zur Zeit Corona-bedingt auf Kurzarbeit sind, arbeiten andere vom Homeoffice aus – oder versuchen es zumindest. Das ist nämlich nicht immer möglich, wenn auch die Kinder rund um die Uhr zuhause sind und auf dem Schreibtisch herumtanzen. Wenn der Arbeitgeber Kurzarbeitergeld beantragt hat, bekommen die Mitarbeiter*innen 60 bis 67% des Arbeitsentgelts von der Arbeitsagentur erstattet. Aber was, wenn der Arbeitgeber Kurzarbeit ablehnt und man – nur wegen der Kinderbetreuung – trotzdem nicht mehr voll arbeiten kann? Kurzarbeitergeld bekommt man dann nicht. Es gibt aber einen weiteren Anspruch auf Lohnersatz, den viele gar nicht kennen: die Entschädigung nach § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG).

Recht auf Arbeitsverweigerung
Wenn eine Arbeitnehmer*in wegen Kinderbetreuung verhindert ist, entfällt ihre Leistungspflicht gem. § 275 Abs. 1 und 3 BGB. Und zwar kraft Gesetzes. Dafür braucht man kein ok des Arbeitgebers. Damit entfällt gem. § 326 Abs. 1 BGB aber auch die Pflicht des Arbeitgebers, Entgelt zu zahlen. Die Ausnahme bei nur kurzfristiger Verhinderung (§ 616 BGB) greift nicht, da die Verhinderung länger als eine Woche ist. Man muss zwar nicht mehr zur Arbeit, bekommt aber auch keinen Lohn mehr.

Schule/Kita geschlossen: Entschädigung für Verdienstausfall
In § 56 Abs. 1a IfSG ist geregelt, dass erwerbstätige Sorgeberechtigte von Kindern eine Entschädigung erhalten, wenn

  1. die Kinder das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder behindert und auf Hilfe angewiesen sind,
  2. Kitas oder Schulen wegen Infektionsgefahr geschlossen sind,
  3. sie die Kinder selbst betreuen,
  4. keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit sicherstellen können,
  5. sie dadurch einen Verdienstausfall erleiden und
  6. die Schule/Kita nicht ohnehin wegen Schulferien geschlossen wäre.

Antrag bei Senatsverwaltung stellen
Der Arbeitgeber muss die Entschädigung zunächst an die betroffenen Mitarbeitenden auszahlen und bekommt das dann vom Staat ersetzt. Den Antrag auf Entschädigung muss der Arbeitgeber bei der zuständigen Behörde stellen. In Berlin ist das die Senatsverwaltung für Finanzen. Auf Antrag bekommt der Arbeitgeber auch einen Vorschuss vom Amt. Die Arbeitnehmer*innen müssen gegenüber dem Amt bzw. ihrem Arbeitgeber darlegen, dass sie in diesem Zeitraum keine zumutbare Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherstellen können (zweites Elternteil, Großeltern, etc.). Wegen des Kontaktverbots dürfte dies allerdings einfacher sein als sonst.

Höhe des Anspruchs
Die Höhe des Anspruchs liegt wie beim Kurzarbeitergeld für Eltern bei 67 %, höchstens jedoch bei 2.016 Euro pro Monat. Allerdings wird die Entschädigung für längstens sechs Wochen gewährt.

Auch Teilentschädigung bei halbtägigem Arbeitsausfall
Wenn aber z. B. eine Betreuung durch die Arbeitnehmer*in nur für einen Teil des Arbeitstages erforderlich ist, entfällt die Arbeitspflicht auch nur teilweise. Die Entschädigung nach § 56 IfSG allerdings auch für z. B. 2 Stunden täglich beantragt werden.

Beispiel:
Sie können bis 14 Uhr nicht arbeiten, weil Sie Ihr Kind betreuen müssen. Ab 14 Uhr steht dann das andere Elternteil/ Ihr Partner oder Ehegatte für die Kinderbetreuung zur Verfügung. Dann bestünde gegenüber Ihrem Arbeitgeber die Pflicht, z.B. von 14 – 18 Uhr zu arbeiten (wenn das die „Restarbeitszeit“ ist). Und Sie könnten für die Zeit bis 14 Uhr eine Entschädigung nach § 56 IfSG beim Finanzamt beantragen.

Für weitere arbeitsrechtliche Fragen stehen wir, die Kanzlei Ziegenhagen Rechtsanwälte Berlin, Friedrichstraße 185/186 10117 Berlin, Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

 

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