13 Tipps für Unternehmen und Arbeitnehmer zum arbeitsrechtlichen Umgang mit den Folgen des Coronavirus.
Von Fachanwalt für Arbeitsrecht Ivailo Ziegenhagen
Auf Grund der weltweit wachsenden Zahlen der Infektionen mit dem Coronavirus und seiner schnellen Verbreitung bleibt auch die Arbeitswelt von diesem Thema nicht verschont.
Es gibt zwar keine eigene umfassende gesetzliche Regelung wie mit einer Epidemie wie dem Coronavirus umzugehen ist; Pflichten des Arbeitgebers und Rechte des Arbeitnehmers ergeben sich jedoch aus dem allgemeinen Arbeitsrecht.
Hier ein kurzer Überblick über die Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen zu diesem Thema.
Wir hoffen, dass keine dieser Antworten für Sie Relevanz haben werden und Sie ungeachtet des Coronavirus ihren Betrieb fortführen können oder Ihre Arbeit ausführen können. Nichtsdestotrotz stehen wir für Fragen natürlich immer zur Verfügung.
1. Kann der Arbeitgeber einseitig Home-Office anordnen?
Nein. Der Arbeitgeber kann das Home-Office nicht einseitig anordnen. Voraussetzung dafür wäre, dass eine solche Möglichkeit wirksam im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Solche Arbeitsverträge sind uns nicht bekannt. Insbesondere kann dies Anordnung nicht auf eine sog. Versetzungsklausel gestützt werden, wonach der Arbeitgeber das Recht hat, den Arbeitnehmer an einen anderen Arbeitsort zu versetzen.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber können natürlich im Nachhinein eine Home-Office-Klausel vereinbaren. Hierbei ist auf viele Dinge (Kosten, Erreichbarkeit, Ausfallrisiko …) zu achten, so dass dies nur nach anwaltlicher Beratung abgeschlossen werden sollte.
Sofern ein Betriebsrat/ Personalrat besteht, müsste er dessen Beteiligungsrechte beachten.
2. Kann der Arbeitgeber zwangsfrei anordnen, so dass Minusstunden entstehen?
3. Kann der Arbeitgeber (Zwangs-) Urlaub/ Betriebsferien anordnen?
Ja, aber: Der Arbeitgeber kann Urlaub auch ohne Urlaubswunsch erteilen. ABER: Das setzt voraus, dass es überhaupt noch Urlaubsreste gibt, die zu gewähren sind UND dass der Arbeitnehmer dieser Zwangsbeurlaubung nicht rechtzeitig widersprochen hat.
Sofern ein Betriebsrat/ Personalrat besteht, müsste er dessen Beteiligungsrechte beachten.
4. Kann der Arbeitgeber unbezahlt freistellen?
5. Was passiert, wenn die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht mehr möglich ist?
6. Besteht im Falle einer Epidemie weiterhin die Pflicht zur Arbeit zu erscheinen?
Ja. Die bloße Angst, sich mit dem Corona-Virus (unterwegs oder auf Arbeit) zu infizieren, ist kein rechtliches Hindernis. Wenn jedoch sehr konkrete Gesundheitsrisiken für den Arbeitnehmer bestehen, kann er sich weigern, zur Arbeit zu erscheinen. ABER: Vorher müsste der Arbeitgeber aufgefordert werden, alles Erforderliche zu unternehmen, um seine Arbeitnehmer vor Beeinträchtigungen zu schützen. Erst wenn er dieser Pflicht nicht nachkommt, kann der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft zurückhalten. Das Risiko einer Arbeitsverweigerung liegt beim Arbeitnehmer: Er muss im konkreten Einzelfall darlegen und beweisen, dass der Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht verletzt hat.
7. Was passiert, wenn eine staatliche Anordnung die Arbeit unmöglich macht?
Wenn der Arbeitnehmer unter Quarantäne gestellt wird, muss er nicht mehr zur Arbeit erscheinen. ABER: „Ohne Arbeit kein Lohn“. Daher muss der Arbeitgeber kein Entgelt zahlen.
Mitarbeiter, die nicht erkrankt sind aber unter Quarantäne stehen, erhalten für die ersten 6 Wochen eine Entschädigung nach § 56 Infektionsschutzgesetzes in Höhe des letzten Nettoeinkommens. Nach den sechs Wochen erhält der betroffene Mitarbeiter eine Entschädigung in Höhe des Krankengeldes von der zuständigen Behörde.
Wenn der Arbeitgeber unter Quarantäne gestellt wird, muss der Arbeitnehmer nicht mehr zur Arbeit, behält aber seinen Entgeltanspruch.
8. Wie ist mit der Schließung der Kita oder Schule umzugehen?
Werden Schule, Kita oder Kindergarten in Folge des Coronavirus geschlossen, haben Eltern nicht automatisch das Recht zuhause zu bleiben.
Eltern sind ihren Kindern zur Personenfürsorge verpflichtet. Wenn diese gebietet, dass die Eltern zuhause sein müssen, dann kann die Arbeitsverweigerung rechtmäßig sein. Dies wird aber immer im Einzelfall unter Abwägung aller Interessen zu beurteilen sein. Je älter und selbständiger die Kinder sind, desto weniger ist erforderlich, dass die Eltern zuhause sein müssen.
Sofern dies vorübergehend ist (für maximal eine Woche), behält das jeweilige Elternteil gem. § 616 BGB seinen Entgeltanspruch. ABER: § 616 BGB kann arbeitsvertraglich ausgeschlossen sein.
In jedem Fall ist der Arbeitnehmer verpflichtet, den Arbeitgeber umgehend zu informieren, wenn und warum er nicht zur Arbeit erscheinen will oder kann.
9. Welche Fürsorgepflichten bestehen für den Arbeitgeber?
Der Arbeitgeber hat gegenüber seinen Mitarbeitern eine Informations- und Fürsorgepflicht.
Bestehen konkrete Ansteckungsrisiken für Mitarbeiter, z.B. aufgrund eines bereits infizierten Mitarbeiters im Betrieb, ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle Mitarbeiter über die Gefährdung durch das Corona-Virus aufzuklären. Zudem muss er notwendige Maßnahme ergreifen wie Aufklärung über richtiges Händewaschen, zur Verfügung stellen von Desinfektionsmittel sowie Arbeitsplatzgestaltung (Abstand)!
Sofern ein Mitarbeiter infiziert ist, muss der Arbeitgeber die Beschäftigten informieren, die einem Infektionsrisiko ausgesetzt sein könnten. Das könnten Mitarbeiter eines Teams oder alle Mitarbeiter innerhalb eines Gebäudes sein.
10. Welche Fürsorgepflichten treffen die Arbeitnehmer?
Auch Arbeitnehmer haben Fürsorgepflichten gegenüber dem Arbeitgeber. So müssen Sie den Arbeitgeber umgehend über eine eigene Infektion oder Erkrankung eines Familienmitgliedes mit dem Coronavirus informieren. Nur so ist der Arbeitgeber in der Lage, geeignete Maßnahmen gegenüber den anderen Mitarbeitern zu treffen und kann seine Fürsorgepflichten erfüllen.
12. Mundschutz bei der Arbeit?
13. Können Arbeitnehmer in Quarantäne gesteckt werden?
Das Infektionsschutzgesetz sieht die Absonderung (Quarantäne) von infektiösen oder vermutlich infektiösen Personen vor, bis der Verdacht der Infektion geklärt ist oder von dem Erkrankten keine Ansteckungsgefahr mehr ausgeht. Insofern ist auch der Arbeitnehmer nicht davor gefeit, unter den gesetzlichen Voraussetzungen in Quarantäne genommen zu werden. Das entscheidet selbstverständlich nicht der Arbeitgeber, sondern die Behörden.