Hamburg/Berlin/Erfurt, 18. Juli 2012 – Eigentlich dürfen Arbeitgeber einen befristeten Vertrag so häufig verlängern, wie sie möchten – wenn sie denn einen „Sachgrund“ vorweisen können wie beispielsweise die Vertretung. Allerdings hat das Bundesarbeitgericht dieser Praxis einen Riegel vorgeschoben.
Die 13malige Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages kann – auch wenn ein guter Grund vorliegt – rechtsmissbräuchlich sein und damit unwirksam (7 AZR 44/09).
Von Fachanwalt für Arbeitsrecht Markus Waitschies
Es traf ausgerechnet das Amtsgericht Köln, wo doch von Berufswegen so viele Richter tätig sind: Dort wurde eine Frau im Jahr 1996 angestellt – und bis zum Dezember 2007 insgesamt 13 Mal in die „Verlängerung“ geschickt. Die Erklärung des Amtsgerichtes: Sie sollte fast durgehend die verhinderten Kolleginnen und Kollegen in den Geschäftsstellen vertreten, die wegen Elternzeit oder Sonderurlaub ausgefallen waren.
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Das wollte sich die Angestellte nicht gefallen laassen – und klagrte gegen die letzte Befristung vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007.
Beim Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht wurde ihre Klage abgewiesen. Erst das Bundesarbeitsgericht legte die Frage dem Europäischen Gerichtshof vor.
Und der entschied am 26. Januar 2012: Beruft sich ein Arbeitgeber immer wieder auf einen Befristungsgrund, bedeutet das nicht automatisch einen Missbrauch – und es bedeutet auch nicht, dass der gute Grund in Wirklichkeit gar nicht vorliegt.
Aber:
Auch wenn es gute Gründe für die Befristung gäbe, müsste alle mit der Befristung zusammen hängenden Umstände des Einzellfalls berücksichtigt werden – da sich daraus ein Hinweis auf einen Missbrauch ergeben könnte. Ein möglicher Ansatzpunkt sei dabei auch die Zahl und die Dauer der mit demselben Arbeitgeber geschlossenen Verträge.
Das Bundesarbeitsgericht übernahm nun diese Argumente und urteilte, dass hier die 13malige Verlängerung und die lange Gesamtdauer der Befristung von mehr als zehn Jahren (!) für einen Rechtsmissbrauch spreche. Darum verwies es diesen Fall wieder an das Landesarbeitsgericht: Dort sollen die Richter nun prüfen, ob sie Anhaltspunkte dafür finden, dass in diesem konkreten Fall beim Amtsgericht Köln doch kein Missbrauch vorliege. Gelingt das nicht, hat sich die Angestellte einen unbefristeten Arbeitsplatz erkämpft.