Wenig ist manchmal zu viel

LAG Niedersachsen, Urteil vom 14.04.2016 – Aktenzeichen 6 Sa 1096/15

Von Fachanwalt für Arbeitsrecht Ivailo Ziegenhagen

Der Fall
In einer Schule war ein Elektriker tätig. Der Hausmeisterhelfer, seit 17 Jahren in der Schule tätig, bewirtet ihn und holte hierfür aus der schuleigenen Cafeteria zwei Kaffee und zwei Schokowaffeln (4 Euro), ohne diese zu bezahlen – jeweils eine Portion für sich und einen für den Handwerker. Hierbei wurde er u.a. vom Schulleiter durch das Fenster der Cafeteria beobachtet. Der Hausmeisterhelfer wurde fristlos gekündigt. Er klagte gegen die Kündigung, denn er habe lediglich die Arbeitsbereitschaft des Elektrikers fördern und zudem die Sachen nachbuchen wollen. Die Kasse sei nicht besetzt gewesen. Zudem sei die Bewirtung von Handwerkern üblich.
Der Schulhausmeister war nach Tarifvertrag unkündbar.

Die Entscheidung
Auch die zweite Instanz hielt die fristlose Kündigung für wirksam.

Der Arbeitnehmer hat in schwerwiegender Weise gegen die ihm obliegende Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitgebers verstoßen. Denn er hat im Zusammenhang mit seiner Arbeit rechtswidrig und vorsätzlich – hier sogar strafbar – gehandelt und in ihn gesetzte Vertrauen missbraucht.

Dieses Verhalten ist auch nicht gerechtfertigt oder entschuldigt. Der Arbeitnehmer hätte nicht davon ausgehen dürfen, dass der Arbeitgeber sowohl mit der Bewirtung als auch mit den Nachbuchen einverstanden gewesen sei. Denn er war nicht in der Lage darzulegen, dass dies in der Vergangenheit so gehandhabt wurde.

Zwar sei er langjährig beschäftigt. Jedoch hat er mit diesem Verhalten massiv seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt und dadurch das Vertrauensverhältnis zerstört. Eingriffe seitens des Arbeitnehmers in das Vermögen des Arbeitgebers können nicht geduldet werden. Der Arbeitgeber ist darauf angewiesen, sich in solchen Dingen auf seine Arbeitnehmer verlassen zu können.

WZ-ANWAELTE.DE TIPP

Die Entscheidung ist hart. Andere Gerichte haben in ähnlichen Konstellationen eine Abmahnung für ausreichend erachtet. So hätte man auch argumentieren können, dass es um sehr geringe Werte ging, es einen Bezug zu den Aufgaben des Hausmeisterhelfers gab und dieser nicht (nur) an sich selbst gedacht hat. Mit einer Abmahnung hätte man das Verhalten des Arbeitnehmers zukünftig auf jeden Fall ändern können.

Die Entscheidung zeigt aber auch, dass es eben keine Untergrenzen gibt: Weder bei dem Wert der entwendeten Sachen noch bei einem Vertrauenskapital durch langjährige tadellose Betriebszugehörigkeit.

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