Betriebsratsanhörung in der Probezeit

Berlin/Erfurt, 12. September 2013 – Auch bei Kündigungen in der Probezeit muss der Betriebsrat vorher gehört werden. Sofern diese auf personenbezogenen Werturteilen beruht, genügt der Arbeitgeber den Anforderungen des § 102 BetrVG, wenn er dem Betriebsrat das Werturteil mitteilt. Das entschieden die Richter am Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom vom 12.9.2013, 6 AZR 121/12.

Von Fachanwalt für Arbeitsrecht Ivailo Ziegenhagen

 

Der Fall
Der Arbeitgeber hörte den Betriebsrat zu einer Kündigung in der Probezeit/ Wartezeit gem. § 1 KSchG an. Er schilderte diverse Umstände, warum er sich trennen will. Die Anhörung endetet mit: „Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist nicht in unserem Interesse.“ Der Arbeitnehmer meinte, dass der Betriebsrat nicht gemäß § 102 BetrVG ordnungsgemäß beteiligt wurde und die Kündigung daher unwirkam sei.

Die Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht wies die Klage ab. Zwar verpflichtet § 102 BetrVG den Arbeitgeber, den Betriebsrat vor jeder Kündigung anzuhören. Auch wenn ein individual-rechtlicher Kündigungsschutz nicht oder noch nicht besteht, soll der Betriebsrat in die Lage versetzt werden, auf den Arbeitgeber einzuwirken, um ihn ggf. mit besseren Argumenten von seinem Kündigungsentschluss abzubringen. Dafür muss der Betriebsrat die Gründe kennen, die den Arbeitgeber zur Kündigung veranlassen. Die Gründe sind nicht an den Kündigungsgründe gem. § 1 KSchG anzuwenden. Entscheiden sind allein die Umstände, aus denen der Arbeitgeber subjektiv seinen Kündigungsentschluss herleitet.

Wenn der Arbeitgeber die Wartezeitkündigung auf substantiierbare Tatsachen stützt, muss er dem Betriebsrat die zugrunde liegenden Tatsachen bzw. Ausgangsgrundlagen mitgeteilt. Wenn er wie im entschiedenen Fall sich auf ein personenbezogenes Werturteilen bezieht, muss er nur dieses mitteilen. Es genügen also Äußerungen wie

„während der Probezeit nicht bewährt“ oder „nicht geeignet, die ihr übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen“ oder „nach unserer allgemeinen, subjektiven Einschätzung genügt die Arbeitnehmerin unseren Anforderungen nicht“ oder der Arbeitnehmer habe die „in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt“.

Dabei ist es unschädlich, wenn der Arbeitgeber dieses Werturteil mit diversen „Tatsachen“ stützt. Das sind letztlich eine Vielzahl kleinerer Beobachtungen, Vorfälle oder Verhaltensweisen, die zum Gefühl führen, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht sinnvoll erscheint. Diese „Tatsachen“ ermöglichen dem Betriebsrat, sich mit der Kündigung auseinanderzusetzen und den Arbeitgeber davon abzubringen.

WZ-ANWAELTE.DE TIPP

Auch wenn der Arbeitgeber keine „Gründe“ mitteilen muss, sondern es sich leicht machen kann, ist es ratsam, dem Betriebsrat alle „Gründe“ bekannt zu geben. Das ist fair und ermöglicht dem Betriebsrat, sich damit auseinandersetzen und ggf. Einfluss auf die Kündigung zu nehmen. Aus Arbeitgebersicht sollte nicht versäumt werden, die Anhörung mit einem Werturteil zu beenden. Dann ist die Anhörung des Betriebsrats ordnungsgemäß.

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