Zur Zulässigkeit einer fristlosen Kündigung bei Kommentaren in Sozialen Netzwerken

Der Kläger gab in seinem freizugänglichen Facebookprofil seinen Arbeitgeber an, so dass bei Aufruf des Profils diese Angabe an oberster Stelle erschien. Auf seiner Facebookseite teilte der Kläger eine Vielzahl von Beiträgen, welche sich mit dem Thema Asyl- und Einwanderungspolitik befassten. Am 05. Oktober 2015 kommentierte der Kläger auf der Facebookseite des Fernsehsenders nt-v einen Beitrag über einen Brand in einer Thüringer Asylunterkunft in der Nacht vom 04. Oktober 2015 mit der Überschrift „Drama in Thüringen: Leiche nach Brand in Asylunterkunft gefunden“ mit folgenden Worten: „hoffe das alle verbrennen, die nicht gemeldet sind.“

Von Rechtsanwältin Melanie Guba

 

Nachdem der Arbeitgeber von dem Vorfall erfuhr, kündigte er nach erfolgter Anhörung des Klägers und des Betriebsrats fristlos, hilfsweise ordnungsgemäß. In der anschließenden Kündigungsschutzklage führte der Kläger aus, dass er „kein Nazi“ sei und die Kommentierung auf der Internetseite ohne jeglichen Zusammenhang mit seinem Arbeitgeber erfolgt sei – nur wenige Leser konnten bei weiteren Recherchen durch einen Link auf seine Facebookseite gelangen. Der beklagte Arbeitgeber war hingegen der Ansicht, dass neben der Rufschädigung auch eine nachhaltige Störung des Betriebsfriedens für den Fall einer Weiterbeschäftigung zu befürchten sei, da sehr wohl ein Zusammenhang zwischen der Tätigkeit des Klägers und ihm hergestellt wurde.

 

Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht Herne entschied in seinem Urteil vom 22. März 2016 (5 Ca 2806/15), dass die fristlose Kündigung des Klägers rechtmäßig sei. Als wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB sei neben der Verletzung vertraglicher Hauptpflichten auch die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten „an sich“ geeignet. Weiter führt das Gericht aus: „Er ist auch außerhalb der Arbeitszeit verpflichtet, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Allerdings kann ein außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers die berechtigten Interessen des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer grundsätzlich nur beeinträchtigen, wenn es einen Bezug zu dienstlichen Tätigkeit hat, wenn etwa der Arbeitnehmer die Straftat unter Nutzung von Betriebsmitteln oder betrieblichen Einrichtungen begeht. Ein solcher Bezug kann auch dadurch entstehen, das der Arbeitgeber oder andere Arbeitnehmer in der Öffentlichkeit mit der Straftat in Verbindung gebracht werden. Fehlt hingegen ein solcher Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis, scheidet eine Verletzung der vertraglichen Pflichten zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers regelmäßig aus. Der Kläger hat seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Beklagten verletzt in dem er unter Verwendung eines öffentlich zugänglichen Facebook-Profils, in dem die Beklagte in identifizierbarer Weise als Arbeitgeber benannt wurde, einen volksverhetzenden Kommentar auf der Facebookseite des Fernsehsenders nt-v veröffentlicht hat. (…) Unabhängig von der strafrechtlichen Beurteilung seiner Äußerung ist diese geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören, in dem sie für einen Teil der Bevölkerung das unveräußerliche Recht auf Unversehrtheit des Lebens in Abrede stellt. Das Verhalten des Klägers ist nicht vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung (Artikel 5 GG) gedeckt. (…) Die volksverhetzenden Äußerungen des Klägers hatten auch einen Bezug zum Arbeitsverhältnis zur Beklagten. In seinem öffentlich zugänglichen Facebook-Profil hat der Kläger die Beklagte in identifizierbarer Weise als Arbeitgeber benannt.“

Das Gericht entschied, dass trotz der über 32-jährigen Betriebszugehörigkeit im vorliegenden Fall es auch keiner vorherigen Abmahnung bedurfte und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber auch nicht bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar war.

WZ-ANWAELTE.DE TIPP

Es mehren sich die Fälle, in denen Arbeitgeber die außerbetrieblichen, insbesondere im Internet verfolgbaren Äußerungen ihrer Arbeitnehmer, die rassistische, maschenverachtende und volksverhetzende Züge aufweisen nicht weiter dulden und zu entsprechenden Konsequenzen greifen. Dies ist – genauso wie die Entscheidung des Arbeitsgerichts Herne zu begrüßen. Möge man sich nur vor Augen führen, dass auch die Unterschlagung eines Pfandbons oder ähnlicher in das Eigentum des Arbeitgebers gehörende Gegenstände mit geringem Wert doch bereits eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann. In wieweit eine sofortige Löschung eines entsprechenden Kommentars oder eine Entschuldigung für das Verhalten vor einer Kündigung schützen kann, bleibt abzuwarten – muss doch im Einzelfall überprüft werden, ob es sich nicht bloß um eine reine Schutzbehauptung handelt.

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